» Frank Stöver – Interview NECROSLAUGHTER

The following interview is from NECROSLAUGHTER Fanzine (www.necroslaughter.de) is in German and was done in early March 2013.

Das Voices From The Darkside ist ein legendäres deutsches Fanzine. In der Zeit zwischen 1993 und 1997 sind 10 Hefte erschienen, die schon lange ausverkauft sind und zum gefragten Sammlerobjekt avancierten. Nun nahm sich Iron Bonehead Productions ein Herz und hat alle Hefte und die Kolumnen, die Mastermind Frank Stöver für das Horror Infernal geschrieben hat, in einem mächtigen Wälzer neu aufgelegt. Mit 870 Seiten und 3,5kg Gewicht, ist diese Anthologie ein umfangreiches Zeitzeugnis des extremen Metal-Undergrounds der 90er Jahre. Diese Geschichtsstunde ist für mich besonders interessant, da ich erst nach dem Ende der Voices überhaupt die Nase an den Heavy Metal bekommen habe. Zum Zeitpunkt meiner Fragestellung, war ich noch nicht im Besitz des Buches. Entsprechend schneide ich auch viele Punkte an, die Frank bereits im Vorwort selber beantwortet. Nichtsdestotrotz ist das Ergebnis auch bei Kenntnis des ersten Kapitels der Zusammenstellung ein informatives und kurzweiliges Interview. An dieser Stelle mag ich mich noch mal bei Frank für die guten und schnellen Antworten bedanken. “Es kann wohl etwas länger dauern” schrieb er mir. Nach drei Tagen hatte ich alles vollständig beantwortet zurück. Respekt! Wer bisher noch nicht das Buch gekauft hat, sollte spätestens nach der Lektüre des Interviews schleunigst zulegen (http://ironbonehead.de/shop/). Es ist jeden Cent wert und mit seiner limitierten Auflage auf 1000 Exemplare sicherlich schnell vergriffen. Nun aber genug der Vorworte, viel Spaß mit dem Gespräch.

Hey Frank, wie geht es Dir? Vielen Dank, dass Du Dir Zeit für mein Interview nimmst! Ist es nicht ein grandioses Gefühl, dass 20 Jahre, nachdem Du mit dem Voices From The Darkside begonnen hast, immer noch reges Interesse an Deinem Magazin und seinen Ursprüngen existiert?
“Hey Christian… Danke der Nachfrage! Alles bestens hier! Ja, es ist irgendwie schon recht merkwürdig, dass man nach so vielen Jahren auf einmal wieder mit seinen “Jugendsünden” in Form eines gebundenen Hardcover-Buches konfrontiert wird… Aber es wäre natürlich eine Lüge, wenn ich behaupten würde, dass es mir nicht gefällt.”

Beginnen wir das Interview mit ein klein wenig Vergangenheitsbewältigung. Wie bist Du zum Metal gekommen, und wann in diesen tiefen Sumpf der extremen Ausrichtung verfallen? Was war da das einschneidende Erlebnis in Deiner Jugend?
“Puhhhh… und schon fühle ich mich RICHTIG ALT, hahaha. Ok, meine Anfänge gehen wirklich sehr weit zurück. Ich sage immer, dass bei mir eigentlich alles mit den 70er Glam Rockern THE SWEET begonnen hat, die ich als Kind wirklich rauf- und runtergehört habe. 1976 habe ich dann einen Bericht über KISS im Fernsehen gesehen (Moderator war übrigens Thomas Gottschalk) und ab da war es um mich endgültig geschehen. Ich mutierte zum DieHard KISS-Süchtigen. 1980 konnte ich sie dann endlich zum ersten mal Live erleben und im Vorprogramm spielte eine junge englische Band namens IRON MAIDEN, die mich dermaßen begeisterten, dass ich bereits kurz darauf ihr Debüt Album gekauft habe. Ab da wurde es dann langsam härter… erst entdeckte ich die ganzen coolen NWOBHM Bands, dann diverse US Metal Truppen und schließlich den Speed und Thrash Metal. Sehr hilfreich dabei war immer eine wöchentliche Radio Show namens “The HM Show” auf dem englischen Sender BFBS. Dank des Moderators Tony Jasper lernte ich extrem viele Bands kennen, deren Alben sich kurz darauf dann auch in meiner Sammlung wiederfanden.”

Wenn wir ehrlich sind, ist ein Fanzine nicht unbedingt der gängige Weg, wenn sich ein Jugendlicher in die Szene einbringen will. Meist will der pubertierende Mann doch eher eine Gitarre und auch so ein cooler Rocker sein, wie es seine Idole sind. Okay, ab und an gibt es schon mal ausnahmen, und Bass oder Schlagzeug stellen unter Umständen probate Alternative dar, haha! Hattest Du auch die Ambitionen, Deinen Helden musikalisch nachzueifern?
“Ja, aber da ich null musikalisches Talent besitze und absolut kein einziges Instrument spielen kann wurde daraus natürlich nie etwas… abgesehen vielleicht mal von einem sehr kurzlebigen Versuch mich als “Sänger” zu versuchen. Aber da auch das sehr sehr übel war, hab’ ich das Musik machen dann doch lieber anderen überlassen.”

Was war der ausschlaggebende Punkt, dass Du selber aktiv wurdest, und das Voices From The Darkside veröffentlichtest? Hattest Du Vorbilder, die Dich in Deinem Unterfangen inspirierten? Oder gar motivierten, besser und professioneller als andere Magazine zu arbeiten?
“Der Hauptgrund war ganz einfach, dass der Platz im Horror Infernal nie ausreichte um all das viele Material vorzustellen, das ich zugeschickt bekam. Vorbilder im üblichen Sinne gab es eigentlich nicht, aber natürlich hat jedes Fanzine, das ich in die Finger bekam, auf die ein oder andere Weise seine Spuren bei mir hinterlassen… Ich kann mich auf alle Fälle noch sehr gut daran erinnern, dass das polnische Holocaust Zine mir immer sehr gut gefiel, weil es sehr handlich war (DIN A5) und für ein Fanzine sehr sauber und professionell gemacht aussah.”

Ehrlich gesagt, ist das Voices From The Darkside für mich eine große Unbekannte. Ich weiß zwar um den legendären Status des Magazins und kenne natürlich das Erbe in der digitalen Welt. Doch als das gedruckte Heft zu Grabe getragen wurde, entdeckte ich gerade mal die härtere Musik für mich. Und als die erste Ausgabe das Licht der Welt erblickte, war dies nicht unbedingt der elterliche Liebling für meine Schultüte, haha! Doch soweit ich weiß, war das Fanzine von Anfang an auf Englisch, oder bin ich fehlinformiert? Wieso hast Du Dich direkt zu Beginn entschlossen, Voices From The Darkside einem internationalen, breiterem Publikum zugänglich zu machen? Heute, wo der “Markt” etwas moderater und sicherlich auch grenzübergreifender ist, ist es fast schon selbstverständlich, wenn Hauber und Necromaniac von deutsch auf englisch wechseln, damit überhaupt noch ein Heft bestellt wird. Doch warum diese Entscheidung in den frühen Neunzigern, als die Szene hierzulande interessierter und begeisterter war?
“Ich wollte das Heft von Anfang an gleich auf englisch machen, weil ich absolut keine Lust hatte ständig die ganzen Reviews übersetzen zu müssen (was beim Horror Infernal noch sehr häufig vorkam). Außerdem fand ich es irgendwie cooler Interviews (die ja meistens auf englisch geführt wurden) im O-Ton abzudrucken, da bei Übersetzungen oft etwas verfälscht wiedergegeben wird. Und auf diesem Weg konnte halt jede Band und jedes Label überall auf der Welt den Inhalt verstehen, da englisch ja irgendwie jeder mehr oder weniger versteht / spricht.”

In der aktiven Phase des Voices From The Darkside, erschienen 10 Ausgaben. Für einen Zeitraum von vier Jahren (1993-1997) ist das ein verdammt hoher Output! Heute kann man mit etwas Glück ein Heft pro Jahr erwarten, meist kommen aber Arbeit, Privatleben und Unlust der Macher hinzu, und die Zeiträume wachsen auf eineinhalb bis tausend Jahre. Wie häufig kam Dein Heft raus? Gab es einen regelmäßigen Release-Zyklus, oder habt ihr das Heft einfach rausgehauen, wenn ihr genug Material beisammen hattet?
“Genau… eine neue Ausgabe erschien einfach immer dann, wenn genug Material vorhanden war und das nötige Kleingeld, um es drucken zu lassen… In der Regel war das ca. 2 x pro Jahr… 1996 waren es dann sogar mal 3 Ausgaben…”

In der letzten Frage sprach ich einfach von “euch” im Plural! Lass mich doch erstmal nachfragen: Warst Du alleine Verantwortlich für das Fanzine, oder hattest Du so was wie eine “Redaktion” mit mehreren Schreibern, die Dich regelmäßig unterstützt haben? Gab es direkte Verantwortliche für Layout/Design, oder war das alles D-I-Y?
“In der Anfangszeit gab es eigentlich nur Leif Jensen (jetzt DEW-SCENTED) und mich… Das Layout habe ich immer komplett im Alleingang gemacht und Leif hat unzählige (damals noch handschriftliche!!!) Texte beigesteuert. Später kamen dann noch ein paar weitere Mitstreiter hinzu, die aber alle mehr “freie Mitarbeiter” waren…”

Heute ist das die Anthologie ein qualitativ hochwertiges Produkt, 870 Seiten auf schwerem Hochglanzpapier, dickes Hardcover und ein Gesamtgewicht von ca. 3,5 Kilogramm. Menschenskinder, da ist so manche Bibelausgabe leichteres Lesefutter! Doch wie waren die eigentlichen Hefte? Hattest Du von Anfang an den Anspruch auf Professionalität, oder begann alles mit kopierten und zusammengetackerten Einzelseiten?
“Die Hefte wurden von Anfang an gedruckt… die ersten 3 Ausgaben noch im DIN A5 Format, später dann in DIN A4. Als professionell würde ich keines davon bezeichnen, denn es war halt ein Fanzine und kein Magazin… und das Layout war am Anfang auch noch seeeeehr dürftig.”

Jeder, der auch nur irgendwie selber etwas “produziert”, ein Fanzine macht, oder auch einfach seine Musik irgendwie unter die Leute bringen will, weiß, dass ein solcher Prozess Geld kostet. In Anbetracht des Packages, 870 Seiten, Hardcover und 3,5 Kilo Material in einer 1000er Auflage, sind 40 Euro auch nicht zu viel verlangt. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass einige Leute von dem Preis abgeschreckt werden. Immerhin gibt es Menschen, die lieber auf eine räudige 90er Party gehen und dort 10 Euro Eintritt lassen, anstatt ein liebevolles Fanzine für 5 Euro zu bestellen… Musstest Du viel Gejammer wegen dem Preis hören? Magst Du vielleicht allgemein etwas dazu sagen?
“Klar habe ich hier und da gehört, dass 40,-Euro ein ganz schön stolzer Preis ist, aber wie Du ja selbst auch sagst, muss man natürlich auch sehen, dass bei so einer kleinen Auflage und dem Seitenumfang plus Hardcover natürlich auch enorme Kosten entstehen. Iron Bonehead haben ja bei dem Buch die ganze Abwicklung gemacht und ich kann Dir versichern, dass dicker Profit mit so einem Projekt eh nicht zu machen ist. Das “Gejammer” verstummt eigentlich auch immer sehr schnell, sobald jemand das Endresultat in den Händen hält, da alleine das Format / Gewicht schon deutlich macht, dass der Preis mehr als gerechtfertigt ist.”

Wie verlief eigentlich die Digitalisierung der alten Hefte? Ich gehe mal davon aus, dass ihr 1993 das Layout nicht unbedingt in Indesign oder Scribus gemacht habt, sondern schön per Papier, Schere und Klebstoff alles gestückelt habt. Welcher arme Praktikant durfte nun die alten Hefte Seite für Seite einscannen? Das muss doch Ewigkeiten gedauert haben! Und ist auch eine Arbeit, die diejenigen nicht sehen, die über den Preis meckern…
“Stimmt genau, abgesehen vielleicht vom “armen Praktikanten”, hahaha. Es gab tatsächliche keine original Druckvorlagen mehr und Scans mussten für das Buch herhalten. Glücklicherweise gab es das Meiste aber schon als Scans, da Voices Leser Steffen Gräf sich eh schon mal die Mühe gemacht hatte und fast alle Ausgaben im NWN Forum als PDFs gepostet hatte. Diese PDFs wurden dann noch mal nachbearbeitet um die bestmögliche Qualität herauszuholen und den Rest haben Voices Mitschreiber Thomas Georg und ich selbst noch eingescannt. Auf diesem Wege also noch mal ein dickes Dankeschön an Steffen und Thomas!!!”

1997 kam das gedruckte Voices From The Darkside zum Ende. Warum? Hattest Du schlicht keine Zeit mehr, Dich um die immense Arbeit hinter dem Magazin zu kümmern? Gab es Streitigkeiten im “Team”? Oder war der Absatz schlicht zu niedrig, als dass sich ein Fortleben gelohnt hätte?
“Der Absatz war besser denn je und Ausgabe 10 war eigentlich schon durch Vorbestellungen restlos vergriffen lange bevor ich die Exemplare von der Druckerei abgeholt hatte. Nur war meine Motivation zu dem Zeitpunkt auf einem absoluten Tiefpunkt. Die Veröffentlichungen, die mich immer noch in riesigen Mengen erreichten, langweilten mich fast nur noch und die ganze Kommerzialisierung der Death & Black Metal Szene tat ihr übriges um mir den Spaß zu nehmen. Hinzu kam, dass VOICES sich immer mehr zu einer Art Job entwickelte… vieles wurde einfach zur langweiligen Routine. Die Kosten stiegen immer mehr, da jede Ausgabe immer dicker war als noch die vorherige, und das Verschicken war auch immer sehr nervtötend. Ich brauchte erstmal eine Auszeit und somit war nach Ausgabe # 10 halt erstmal Schluss.”

Drei Jahre nach dem Ende des gedruckten Hefts, wurde das Voices From The Dark Side wiedergeboren. Als Webzine. Doch was hast Du in der Zwischenzeit gemacht? Warst Du “raus” aus der Szene?
“Nein… ich habe ja immer irgendwie, irgendwo etwas geschrieben… ich war eine Zeitlang Mitarbeiter beim Rock Hard, Heavy oder was?! und beim EMP Magazin… außerdem hatte ich dann ja das SNAKEPIT ins Leben gerufen, weil ich meine Liebe zum traditionellen Metal wieder entdeckte (lange bevor HAMMERFALL diese Stilrichtung zum nächsten großen Trend machten). Zwischenzeitlich gab es ja auch noch ein kleines Label namens VOICES PRODUCTIONS mit dem wir die ersten beiden Alben von LUNAR AURORA und das Debüt Album von WARHAMMER veröffentlichten.”

Wie kam es zur Reinkarnation der Voices? Was hat Dich veranlasst, das Fanzine digital fortleben zu lassen? Gerade 2000 war das Internet noch nicht so verbreitet, um diese Zeit kamen viele der heute populären Webzines gerade erst auf. Dein Schritt war quasi Avantgarde, haha!
“Zu dem Zeitpunkt begann ich mich für Webdesign und das Internet im Allgemeinen zu interessieren… ich hatte außerdem wieder gefallen am Death und Black Metal gefunden und wollte deshalb – quasi als kleinen Kompromiss – das VOICES zumindest online mal wieder reaktivieren. Es war einfacher, sehr viel aktueller und kostete mich darüber hinaus auch noch so gut wie gar nichts… dass die Online Version inzwischen langlebiger ist als die Print-Ausgabe hätte ich mir damals allerdings ganz sicher nicht träumen lassen…”

In der Beschreibung zur Anthologie steht, dass auch Kolumnen aus dem Horror Infernal Magazin mit in dem Buch aufgenommen wurden. An dieser Stelle muss ich eine große Wissenslücke gestehen, ich weiß weder mit der Kolumne, noch mit dem Magazin etwas anzufangen. Kannst Du mich bitte Aufklären, was dies für Bonus-Material ist?
“Die Anfänge vom VOICES FROM THE DARKSIDE gehen auf eine Kolumne mit dem selben Namen im deutschen Metal Magazin HORROR INFERNAL zurück. Ich habe damals 14 Ausgaben lang in dieser Rubrik eigentlich ganz genau das gemacht, was z.B. das ROCK HARD später auch mit KRACH VON DER BASIS übernommen haben… News, Demos, Alben, Fanzines etc. aus der Death, Black und Thrash Metal Szene kurz in dieser Kolumne vorgestellt. Die Resonanz war dermaßen gut, dass ich irgendwann einfach nicht mehr genügend Platz hatte um das alles noch zeitnah unterzubringen. Also wurde die Idee geboren daraus ein eigenes Fanzine zu machen…”

Weiterhin wird die Zusammenstellung Liner-Notes von Dir und einigen illustren Namen aus der Szene ergänzt: Kam Lee, Paul Speckmann, Ross Dolan, Rick Cortez, Joakim Sterner oder Mike Browning sind nur die populärsten Namen. Natürlich kennst Du all diese Leute noch aus den alten Tagen, als die Musik mehr oder minder Underground war. Haben sie bereitwillig ein paar Worte zum Voices geschrieben? Oder musstest Du den einzelnen Anmerkungen hinterherlaufen? Darf ich, wo mir das Buch aktuell noch nicht vorliegt, nachfragen, was dies für Liner-Notes sind? Erzählen die Musiker über das Magazin als Fan und Leser? Oder berichten sie über Anekdoten rund um die beteiligten Autoren?
“Mich verbindet mit all diesen Musikern schon eine sehr lange Freundschaft und somit war es überhaupt kein Problem, als ich sie fragte, ob sie zum Buch evtl. ein paar Zeilen beisteuern könnten. In erster Linie sind es Anmerkungen, was das VOICES FROM THE DARKSIDE und die jeweilige Band schon so lange verbindet, bzw. was für eine Meinung sie über das VOICES haben.”

In der Liste der Distributoren für das Buch, finde ich leider auch einen Versandhandel, der mir eher durch eine rechte Vergangenheit und viel NSBM-Kram im Mailorder bekannt ist. An dieser Stelle werde ich offiziell keine Namen nennen. Doch was sagst Du dazu, dass Dein Buch neben Satanic Warmaster oder Graveland im Shop steht, um nur mal die populärsten Beispiele zu nennen?
“Ich weiß jetzt leider nicht, welchen Mailorder Du konkret meinst, aber darauf habe ich leider keinen Einfluss, da der komplette Vertrieb etc. ja über Iron Bonehead abgewickelt wird. Die haben ja das ganze Projekt komplett selbst finanziert (ich habe lediglich meine Zustimmung zu dem Buch gegeben und die Druck-Vorlagen organisiert) also müsstest Du die Frage evtl. mal direkt an sie stellen. Trotzdem würden mich ein paar zusätzliche Infos zu diesem Thema natürlich jetzt schon interessieren, da es letztendlich ja dann vermutlich wieder auf mich zurückfällt…”

Ambivalente Themen sind Dir nicht unbekannt. Wenn ich das recht verstanden habe, hatte das Voices schon mal den engstirnigen Death Metal-Fan mit Features über Fields Of The Nefilim, Dead Can Dance oder einem Interview zwischen Dan Swanö und Marillion schockiert. Was waren die Auslöser für diese Inhalte? Bei den ersten beiden Bands kann ich persönlich noch verstehen, dass man ihre Musik unterstützen will, auch wenn das Voices eventuell eine fragliche Plattform dafür ist. Gleiches Problem kenne ich, wenn ich mal wieder eine düstere Crust/Hardcore Band finde, die ich unbedingt mit einem Review/Interview vorstellen will. Zum Glück konnte ich mich noch bei Dark Ambient und düsterem Jazz zurückhalten, haha!
“Carl McCoy von THE FIELDS OF THE NEPHILIM bzw. THE NEFILIM und DEAD CAN DANCE haben einen ziemlichen Einfluss auf einige Bands gehabt, deshalb fand ich es nicht abwegig diese auch ruhig mal im VOICES mit einzubauen. Das MARILLION Interview war mehr eine Art Geschenk an Dan Swanö, der ja bekanntlich absoluter MARILLION bzw. Steve Hogarth Fan ist. Ich fand die Idee einfach witzig mal einen Death Metal Musiker ein Interview mit einem seiner Idole führen zu lassen und ich finde Dan hat das extrem gut gemacht! Ich bin zwar eigentlich eher engstirnig, wenn es um die Inhalte beim VOICES geht (auch wenn ich selbst einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack habe), aber hin und wieder bringt so etwas auch frischen Wind in die ganze Sache.”

Noch strittiger als Musik, ist ja unsere Ernährung. Selten werden solch dogmatischen Kämpfe ausgeführt, als beim Mittagstisch, wenn Omnivor, Vegetarier und Veganer beisammensitzen. Im Punk und Hardcore ist es eigentlich Usus, dass zur Musik auch der DIY-Ethos und Animal Liberation ein integraler Bestandteil der Szene ist. Im Heavy Metal scheinen Tierrechte und Gesundheit auf den ersten Blick nicht zu passen. Immerhin besingen wir Krieg, den Tod, Massenmord und profilieren uns durch testosterongeladenes Machogehabe. Natürlich darf da der nackte Bierbauch und das obligatorische “Fleisch”-Gebrülle nicht fehlen. Dennoch gibt es genug Menschen in der Szene, die vegetarisch oder vegan leben und diese Haltung auch nach Außen tragen. Man braucht nicht mal die Tierrechtler von Cattle Decapitation als Beispiel zu nehmen, es reichen die Namen, die Du in Deinem Special zu dem Thema im Interview hattest: Angela Gossow, “Barney” Greenway, Tom G. Warrior, Mille Petrozza oder Leif Jensen. Dass Du und der Hacker vom Obscure Domain/Unholy Terror auch Vegetarier, bzw. Veganer seid, weiß vielleicht auch der ein oder andere. Dennoch ist es ungewöhnlich, dass ein Metalmagazin dieses Thema behandelt. Was war der Auslöser für dieses Special?
“Was genau der Auslöser war, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Auf die Idee kam ich irgendwann, als ich erfuhr, dass Mille von KREATOR Veganer ist und er und seine Frau auch hin und wieder für KOCHEN OHNE KNOCHEN Beiträge schreiben. Da ich selbst die Probleme kenne, die man oft als Vegetarier hat, dachte ich mir, es muss doch als Musiker auf Tour evtl. noch sehr viel schwerer sein und dass ein Interview zu dem Thema da durchaus interessant sein könnte. Während der Interview-Vorbereitungen kamen dann plötzlich immer mehr Namen ins Gespräch, die für so ein Interview von Interesse sein könnten und so wurde dann irgendwann halt ein ganzes Special daraus.”

Wie waren die Reaktionen auf “Welcome To Heath – A Vegetarian/Vegan Special”? Ich kann mir vorstellen, dass die großen Namen aus den Interviews sicher einige Leser gezogen haben. Auf der anderen Seite ist es immer ein böses Thema, wenn jemand denkt, man will ihm sein Kotelett madig machen… Gab es viele Hassmails? Oder waren das Feedback eher positiv?
“Dieses Special hat ein enorm großes Interesse hervorgerufen (die Zugriffszahlen auf die VOICES Webseite sind förmlich explodiert!), was aber sicherlich auch daran liegt, dass es massiv über Facebook von allen Beteiligten promotet wurde. Natürlich gab es auch wieder die üblichen dummen Kommentare (ganz besonders auf Angela’s Facebook Seite), aber im großen und ganzen kam es doch überraschend positiv an!”

Nun musst Du leider auch durch einen kleinen Fragekatalog zum Thema Vegetarismus/Veganismus. Praktischerweise hast Du selber mit Deinem Special einige nette Fragen vorbereitet, von denen ich mir nun die interessantesten rauspicke! Wie lange lebst Du bereits als Vegetarier/Veganer?
“Ich selbst bin seit Anfang der 90er Jahre Vegetarier.”

Was war Deine Motivation, Deine Ernährung zu ändern? Animal Liberation? Gesundheit/Fitness? Ökologische Aspekte? Oder schmeckt Dir Fleisch einfach nicht, und Du hast eine Laktoseintoleranz?
“In erster Linie waren es wohl die vielen Berichte über Massentierhaltung, Tierversuche etc.”

Provokant gefragt: Hat der Vegetarismus/Veganismus weiteren Einfluss auf Dein Leben? Verzichtest Du auf Leder? Achtest besonders auf Tattoo-Farbe?
“Ja, ich trage kein Leder und Tattoos sind für mich eh kein Thema.”

Hast Du selber Tiere?
“Wir hatten bis vor kurzem noch eine Hündin (Jack Russell / Beagle Mix), die aber leider Ende November letzten Jahres mit 16 1/2 Jahren verstorben ist. Ansonsten habe ich aber noch ein Highland Rind, für das ich die Patenschaft übernommen habe.”

Engagierst Du Dich aktiv für Tierrechte und Vegetarismus/Veganismus?
“Meine Freundin ist schon seit einer halben Ewigkeit aktive Tierrechtlerin, da bleibt es natürlich nicht aus, dass man mal die ein oder andere Sache mit unterstützt (wie z.B. die Patenschaft für das gerade erwähnte Highland Rind). Ich bin aber sonst nicht der Typ, der andere jetzt zu einer vegetarischen / veganen Ernährung bekehren möchte… ich finde so eine Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen.”

Hast DU schon mal mit Tom Angelripper über seine Hobbys (Jagen) diskutiert? (Wer so eine Frage im Interview stellt, muss die Retourkutsche vertragen, haha!)
“Touché, hahaha… Nein, ich habe mit ihm noch nicht über dieses Thema diskutiert… würde ich auch nicht, da unsere Meinungen dazu garantiert viel zu weit auseinanderliegen.”

Genug vom Vegetarismus/Veganismus! Damit kann man ein komplettes Interview alleine füllen. Hier geht es aber eigentlich um das Voices From The Darkside und seine Anthologie als dickes Hardcover-Buch. Verdammt, 870 Seiten in DinA4 sind schon verdammt viel Zeug! Ich muss gestehen, dass ich zunächst nur Linernotes und die Interviews mit bekannten/interessanten Bands lese und mich danach an den Rest begebe. Sonst komme ich ein paar Wochen zu nichts anderem mehr, haha! Darum will ich an dieser Stelle von Dir noch ein paar Hinweise haben! Was waren Deine liebsten Gespräche aus den Jahren 1993 bis 1997? Gab es Bands, wo Dich das fertige Interview richtig gefreut hat? Oder wo einfach nur die Möglichkeit eines Gespräches schier aus den Latschen gehauen hat? Gab es irgendwelche Interviews, wo Du im Nachhinein enttäuscht warst, weil Dein Gegenüber seine Klappe einfach nicht aufbekommen hat und immer nur einsilbig antwortete? Was sind die Tops und Flops aus Deiner Geschichte als Fanzine-Macher?
“Konkrete Beispiele kann ich jetzt so spontan eigentlich gar nicht nennen, aber generell ist es natürlich immer sehr enttäuschend, wenn eine Band, die man persönlich sehr schätzt, im Interview dann nicht mehr als einen Satz herausbekommt. Von daher sind meine Faves vermutlich eher unter den Interviews zu finden, die persönlich oder per Telefon geführt wurden. Obwohl es natürlich auch einige positive Beispiele bei den schriftlichen Interviews gibt… Bands / Musiker die sich dabei sehr viel Mühe geben und extrem ausführlich antworten. Wannes von PENTACLE ist hierfür sicherlich ein sehr gutes Beispiel.”

Nachdem die Voices recht früh ihren Weg ins Internet gefunden habe, bin ich sicher, dass Du diesem Medium gegenüber offen bist. Hast Du an dieser Stelle Empfehlungen für Webzines und Blogs, die ich und meine Leser häufiger ansurfen sollten?
“Jetzt wird’s peinlich: ich selbst lese eigentlich überhaupt keine Reviews, Interviews oder dergleichen auf anderen Webseiten oder in irgendwelchen Blogs… Die einzige Webseite, die ich ziemlich regelmäßig besuche ist Metal Archives, weil ich sehr häufig nach Infos zu Bands suche und Metal Archives in der Hinsicht natürlich nicht zu toppen ist. Ansonsten lese ich nach wie vor lieber die guten alten Print Magazine.”

Gleiche Frage, nur für die Ewiggestrigen unter meinen Lesern: Any paperwork that you recommend?
“Du meinst jetzt vermutlich Zines, die immer noch aktiv sind, oder? Leider wurden ja die meisten Print Zines inzwischen eingestellt, aber Mystical Music, Compilation Of Death, Snakepit und Necromaniac gehören definitiv noch zu den wirklich empfehlenswerten, die vollste Unterstützung verdient haben!”

Nachdem der oldschool Death Metal aktuell brummt, immer mehr Vinyl gekauft wird und sogar die tote Audio-Kassette wieder ihr Revival feiert: Gibt es irgendeine Chance, dass vom Voices From The Darkside noch mal was gedruckt erscheint? So was wie ein Best-Of der Online-Inhalte aus einem Jahr? Oder ist das Kapitel Papier für Dich komplett beendet? Wie wäre es mit einer Amazon Kindle Edition? Haha!
“Ich selbst werde mit Sicherheit die Print Version vom VOICES nicht wieder beleben. Dafür fehlt mir einfach das nötige Geld, die Zeit und die Nerven… Aber wenn jemand gerne die Online Inhalte in gedruckter Form veröffentlichen möchte, wäre ich für so ein Projekt natürlich jederzeit noch zu haben… Nur würden das dann aber wohl weit mehr als 870 Seiten werden, hahaha.”

Frank, vielen Dank für Deine Zeit und Deine Antworten! Es war mir eine Freude, Dich als Underground-Legende in meinem bescheidenen Webzine/Blog/Katzenbildersammelsurium willkommen zu heißen! Ich freue mich schon auf die nächsten Updates auf VoicesFromTheDarkSide.de und viele Toilettensitzungen mit dem schweren Buch. Hoffentlich schlafen mir die Beine nicht ein… Die letzten Worte dieser Unterhaltung gehören Dir!
“Vielen Dank für dieses Interview, Christian. Auch wenn es sehr zeitintensiv war, so hat es mir dennoch sehr viel Spaß gemacht, da Deine Fragen alles andere als langweilig waren! Viel Erfolg noch weiterhin mit Necroslaughter.de! \m/ HORNS UP \m/ !!!!”

www.voicesfromthedarkside.de

Christian Gehlen